Pilzbestimmung mit der Pilzschule: Morcheln & Co

Wie heißt der Pilz? Morchel oder Lorchel?
Die fast tägliche Anfrage bei der Pilzberatung im April und Mai ist, wie sich Morcheln (Morchella und Mitrophora) von Lorcheln (Helvella, Gyromitra u. a.) unterscheiden. Gemeint ist dabei so gut wie immer, wie sich eine gefundene Speise- oder Spitzmorchel von der Frühjahrslorchel unterscheidet. Fatal für den Laien ist, dass beide nicht nur an ähnlichen Stellen, ja sogar an einer Stelle gemeinsam wachsend vorkommen können. Da die ökologischen Abhängigkeiten dem Laien erfahrungsgemäß absolut nichts sagen, beschränken wir uns hier auf die Differenzierung der Fruchtkörper rein nach makroskopischen Merkmalen. Um den vielen Anfragen gerecht zu werden, wollen wir hier nun nachfolgend die Unterschiede verdeutlichen.
Pilzlehrfilm statt Pilzbuch
Neben “100 Pilze im Frühjahr und Sommer” sind inzwischen mit dem Titel Speisepilze und ihre Doppelgänger sowie “Grundkurs Pilzbestimmung - Einführung in die Pilzkunde”  zwei weitere  Lehrfilme (mit Begleitheft) der Pilzschule erschienen, die Antworten auf genau diese und unzählige zusätzliche Fragen eines ganzen Pilzjahres geben. Die nachfolgenden Ausführungen  verstehen Sie daher bitte als Beispiel, wie Pilzaufklärung in ähnlicher Form mittels der Lehrfilme geschieht. - Eben, nur in ähnlicher Form. In den Lehrfilmen wird dagegen noch genauer erklärt und vor allem gezeigt worauf es bei der Unterscheidung und damit Pilzbestimmung ankommt. 

Speisemorchel_1

Morcheln haben einen ähnlich einer Bienenwabe vertieften Hut und stets einen hohlen Stiel mit kleiig-körniger Oberfläche mehr auf dem Seminar

Frühjahrslorchel_1

Lorcheln - wie diese Frühjahrslorchel hingegen besitzen einen hirnartig gewundene Hut und meist einen furchigen, runzeligen Stiel

Pilzstellen mit der TOP50 von Nordrhein-Westfalen finden
Die passenden Seminare (Morchelkurse) zu diesem Thema, finden stets zur Saison von April bis Anfang Mai statt. Da wird auch erklärt, genau gezeigt und in der Praxis geübt, wie Sie mit der Top50 (Topografische Karte Ihrer Region) neue Pilzstellen, z.B. Morchelstellen finden können. 

Morchel und Verpeln: Morchelspezialisten - das sind die Könner unter den Pilzsammlern

Morchelaufnäher_1

Die besonder Auszeichnung für Könner:

Aufnahme in die Morchelbundesliga

Neue Morchelstellen in fremder Umgebung gezielt zu finden, ist wahrlich nicht so einfach. Das ist sogar richtig schwer, erfordert es doch einiges an speziellen Kenntnissen und besonderen Fähigkeiten, wie sie europaweit nur von der Pilzschule auf KURS II bzw. durch den Lehrfilm “So findet man Pilze...” vermittelt werden. Das zu können, erfordert außerdem besonders ausgeprägte Eigenschaften wie eine gehörige Portion an Zielstrebigkeit, Konzentrationsfähigkeit, erfolgsorientierte Arbeitsweise, Ausdauer und Umsetzungsvermögen, wie sie weit über die Fähigkeiten eines ansonsten erfolgreichen Pilzsammlers hinausgehen. Wer dies gegenüber der Pilzschule durch den Nachweis von mindestens drei neuen Fundstellen und mindestens drei Morchelarten belegt hat, ist berechtigt das nebenstehende Abzeichen der “Morchelbundesliga” zu tragen.       

Aufnahmekriterien
* Nachweis (Datum, Fotos, topografische Details oder Ortsbegehung) von mindestens drei selbst gefundenen, neuen (also nicht von der Pilzschule gezeigten) Morchelstellen in freier Wildbahn
* die einzelnen Funddorte müssen mindestens 100 m auseinander liegen
* nicht gewertet werden direkte und indirekte RiMuMo-Stellen (z.B. Spitzmorcheln auf oder in der Nähe von mit Koniferenrinde gemulchten Stellen)
* Fundstellen mit zwei oder mehr nachgewiesenen Morchelarten (z.B. M. semilibera und M. esculenta, bzw.  und/oder V. conica) zählen als eine Stelle
* Mindestens drei Morchelarten (dazu zählen auch Verpeln und Morchelbecherlinge)
Die schriftlichen Bewerbung zur Verleihung richten Sie bitte per Mail an die Pilzschule.

Morchel und Verpeln: Morchelspezialisten - das sind die Könner unter den Pilzsammlern

Beschreibung: Morcheln (Gattung Morchella)
Der Hut sowohl der der Speise- wie auch der Spitzmorcheln ist mit so genannten Alveolen ausgestattet. Das sind die auf den Bildern gut sichtbaren, grubenartigen Vertiefungen. Diese sind wiederum von der aus unendlich vielen, winzigen schlauchartigen Zellen bestehenden Fruchtschicht, dem Hymenium überzogen. (Das ist nur unter dem Mikroskop erkennbar) Wegen des optischen Gesamteindruckes dieser Hutbeschaffenheit spricht man bei Morcheln von einem „bienenwabenartig gekammerten“ Hut. Die Alveolen sind dabei durch Rippen mit einer sterilen Kante getrennt. Daher haben diese Kanten häufig eine andere Farbe. Der Hut geht dabei deutlich in den abgegrenzten Stiel über, ist also nicht wie bei der Käppchenmorchel glockig abgesetzt, bzw. mit dem Rand überhängend. Morcheln sind gänzlich hohl und erscheinen in Deutschland nur im Frühjahr. (In Portugal schon von Dezember bis April) Bei den Morcheln gibt es keine giftigen Arten. 

Unterscheidung:  Spitzmorcheln und Speisemorcheln
Spitzmorchel_1Bild 1.
Wenn die Alveolen (Vertiefungen) wie hier durch Längsrippen ± deutlich in Reihen (oben vom Scheitel bis runter zum Hutrandhin) ausgerichtet sind, haben wir eine der  Spitzmorcheln vor uns.

(Das nebenstehende Bild von seiner ersten Morchel stellte uns Günter Schier aus Dassel zur Verfügung)




 


Speisemorche-nah_1Bild 2.
Sind dagegen die Vertiefungen im Hut (Alveolen) unregelmäßig durcheinander wie hier angeordnet, handelt es sich um eine der 
Speisemorcheln.

Anmerkung für Pilzesser
Nicht ausreichend durchgegarte Morcheln, aber auch überalterte Exemplare und/oder übermässiger Morchelkonsum kann bei empfindlichen Menschen zu Problemen führen. 

Speisemorcheln
Bei den Speisemorcheln wiederum werden (je nach Autor) etwa fünf Arten bzw. Varietäten wie folgt unterschieden:
1. Die im Jugendzustand ± graue, später in Ockergelb bis Wachsgelb übergehende Speisemorchel (M. esculenta) höchst persönlich hat einen ± stumpf kegeligen und etwa 3-10 cm hohen Hut und ist dabei etwa 3-7 cm breit. Der Stiel ist ockerweißlich mit körnig-kleiiger Oberfläche.
2. Ist dagegen der Hut mehr rundlich kugelig und nie höher als breit und die Farbe wie vorstehend, spricht man von der Rundmorchel (M. rotunda).
3. Falls aber der Stiel sehr stark aufgeblasen-bauchig und dabei 3-4mal länger als der Hut ist, handelt es sich um Morchella crassipes
4. Schließlich gibt es noch eine Variante, bei der der ganze Fruchtkörper weißlich ist. Dann spricht man von der Weißen Speisemorchel (M. alba). 
5. Außerdem kann beispielsweise auf Waldbrandflächen uns noch ein Typ mit gänzlich samtig schwarzem Fruchtkörper, und jung stark weiß bewimperten Alveolenrändern begegnen, dann haben wir die Schwarze Speisemorchel (M. atrotomentosa) vor uns.

Spitzmorcheln
Bei den Spitzmorcheln werden je nach Auffassung der Mykologen (studierte Pilzkundler) etwa sechs Arten bzw. Varietäten wie folgt unterschieden:
1. Meist ist der gesamt Fruchtkörper der Spitzmorchel (M. conica) etwa 6-20 cm hoch, wovon der Hut ± die Hälfte ausmacht. Der Hut ist häufig ± spitz-kegelig, dabei graubraun bis olivbraun. Bisweilen sind die ± streng parallelen, dicklichen Rippen etwas schwärzend. Der weißlich-ockerliche Stiel ist meist wenig gerunzelt oder allenfalls an der etwas blasigen Basis und am Hutansatz deutlich abgesetzt, dabei einige Millimeter zurücktretend.
2. Ist der Stiel dagegen stark fleischrötlich werdend und treten die Längsrippen stark hervor und sind bald schwärzend dann handelt es sich um Morchella costata.
3.Ein weiterer, etwas zarterer und kleinerer Typ, oft mit fleischrosa Einschlag, aber auch ohne diesen und dann mit vorwiegend grauer Farbe wird als Morchella deliciosa abgegrenzt.
4. Schließlich gibt es mit Morchella rigida eine Art, bei der der Hut satt ockergelb bis ockerbraun ist und die Rippen etwas unregelmäßiger und stellenweise gar kraus sind. 
5. Beim Brandstellentyp (Morchella nigripes) sind Hut und Stiel samtig schwarz, wobei die Alveolenrippen weiß bewimpert sind. 

Die Hohe Morchel (Morchella elata) ist größer (bis 25 cm) als die vorigen Arten. Auffällig ist, dass der Stiel beim Übergang in den Hut gleichbreit wie dieser und nicht oder nur unbedeutend zurücktretend ist. Dabei ist der Hut häufig auffällig kürzer als der Stiel, mehr olivbraun und mit deutlich hervortretenden Längsrippen.

Anmerkung: Mehr als 60 (sechzig!) Arten hat man inzwischen in Europa (P. Clowez, Frankreich 2010)  aufgrund phylogenetischer Untersuchungen feststellen und auseinander halten können. Noch ist da kein Ende abzusehen... 

Beschreibung: Lorcheln (Gattung Gyromitra)
Die Gattung Gyromitra umfasst je nach Auffassung nur zwei (drei) Arten, die ausschließlich im Herbst wachsende, ebenfalls giftige Bischofsmütze sowie die nur im Frühjahr wachsende Frühjahrslorchel. Die Frühjahrslorchel (Gyromitra esculenta) wird in manchen Gegenden auch Stockmorchel genannt.
Dazu kommt ggf. die Kyffhäuser-Lorchel.

Frühjahrslorchel (Gyromitra esculenta)
Stockmorchel - Frühjahrslorchel_1Der gesamte Hut der Frühjahrslorchel ist von der aus vielen schlauchartigen (Asci) und zusätzlich sterilen Zellen (Paraphysen) bestehenden Fruchtschicht gänzlich überzogen und dadurch einheitlich ± rotbraun gefärbt. Es gibt auch Exemplare, die blasser gelbbraun oder auch dunkler, fast schwarzbraun gefärbt sind. Der Hut ist ± hirnartig gewunden, bis lappig verbogen und meist zwischen 4 und 13 cm breit, bzw. hoch. Der bald hohle, brüchige Stiel (1-6/2-4cm) ist runzelig und furchig, dabei schmutzig weißlich bis fleischrötlich, oder auch schmutzig bräunlich. Der Pilz wächst im April und Mai im Nadelwald, besonders gern aber um Nadelholzstubben. Daher auch der zweite Name: Stockmorchel. Auch bei diesem Pilz ist eine mit weißlicher Fruchtschicht versehene Variante (var. alba) bekannt. Der Pilz ist roh tödlich giftig. Auch bei vorschriftsgemäßer Behandlung durch Abkochen oder Trocknung ist es schon zu ernsthaften Problemen mit Todesfolge gekommen. Auch wenn der Pilz in den nord- und nordosteuropäischen Ländern weiterhin gegessen wird, ist vom Verzehr dringend abzuraten.